Rufen Sie in einer Situation, in der Sie auf sich selbst gestellt sind und in der Sie ein mulmiges Gefühl haben oder in der Sie schon eindeutig bedroht werden, sofort jemanden an. Das ist in vielen Fällen noch möglich. Dass viele Frauen in kritischen Situationen nicht anrufen, liegt oft schlicht daran, dass sie diese Verhaltensoption im Vorhinein gedanklich nicht durchgespielt haben. Die Polizei anzurufen, hat den Vorteil, dass dort immer jemand abhebt und dass die Polizei sofort jemanden vorbeischicken kann. Auch wenn dies in vielen Fällen, wenn Sie sich nicht selbst haben helfen können, zu spät sein kann. (Gemäß Polizeirecht ist die Aufgabe der Polizei übrigens die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sie ist nicht dazu da, Sie persönlich zu »beschützen«. Ein kleiner, feiner, sehr wesentlicher Unterschied.) Wenn die Situation von Ihnen nicht mehr beherrschbar ist, sollten Sie dies am Telefon auch deutlich kommunizieren. Übertreiben Sie lieber, als dass Sie eine Gelassenheit vorspielen, die Sie im Moment nicht mehr haben. Wenn Ihnen bloß mulmig zumute ist und Ihnen ein Anruf bei der Polizei verfrüht zu sein scheint, rufen Sie eine Freundin, Ihre Eltern etc. an. Sagen Sie, dass Sie gerade in Schwierigkeiten sind und beschreiben Sie, wo Sie sich befinden. Bleiben Sie am Apparat, bis die Situation sich geklärt hat, oder legen Sie auf, um selbst die Polizei anzurufen und/oder dem oder der Angerufenen die Gelegenheit zu geben, dies zu tun. Vereinbaren Sie im Vorhinein (also heute noch) mit FreundInnen, Eltern etc., dass Sie in einer solchen Situation jederzeit anrufen dürfen, unter welchen Umständen auch immer. Unter welchen Umständen auch immer meint zum Beispiel, dass Sie sich an einem Ort befinden, an dem Sie sich eigentlich nicht befinden sollten. Etwa, weil Ihre Eltern Ihnen dies ausdrücklich verboten hatten. Jederzeit meint jederzeit. Am Apparat bleiben meint: Die Verbindung bleibt so lange bestehen, bis die Situation sich für Sie eindeutig geklärt hat. Wir leben in einer Zeit, in der die meisten von uns jederzeit erreichbar sind. Nutzen Sie diesen Umstand. Und: Treffen Sie solche Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit! Übrigens: Sobald sich das mulmige Gefühl in blanke Angst verwandelt hat, werden Sie nicht mehr in der Lage sein anzurufen. Feinmotorische Bewegungen (fine motor skills) wie das Eintippen einer Telefonnummer sind dann nicht mehr möglich, wahrscheinlich werden Sie sich nicht einmal mehr an die Nummer der Polizei (wie war die noch?) erinnern können. In Zuständen großer Angst verändern sich Physiologie und Chemie Ihres Körpers entscheidend. Dinge, die zu tun Ihnen jetzt, da Sie in aller Ruhe diesen Text hier lesen, leicht fallen, sind dann plötzlich nicht mehr möglich. Es ist gut, dies im Vorhinein zu wissen. Viele der Bewegungen, die man in den traditionellen Kampfkünsten und Kampfsportarten lernt, sind übrigens ebenfalls fine motor skills und funktionieren in Notwehrsituationen, die mit großer Angst einhergehen, nicht. Im Notwehrseminar lernen Sie Bewegungen, die funktionieren. |
Rufen Sie sofort jemanden an!
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