Weglaufen

»Einfach weglaufen!« ist einer dieser manchmal durchaus gut gemeinten Ratschläge, die billig zu haben sind, wo wirklich guter Rat eher teuer ist.

Dementsprechend häufig zu lesen und zu hören.

Und – als alleiniger Ratschlag – so weltfremd wie die Empfehlung, sich »erst gar nicht in Gefahr zu begeben«.

In einer Situation, in der Sie nichts lieber täten als wegzulaufen, sollten Sie mehr Optionen haben als nur diese eine.

Stellen Sie sich eine Situation vor, in der Sie die Gelegenheit hätten wegzulaufen, und verändern Sie die Situation in Ihrer Vorstellung dann so, dass dies keine Option mehr ist.

Eine verschlossene Tür, ein kürzlich verstauchter Fuß, ein kleines Kind an Ihrer Hand, es braucht nicht viel.

Im Seminarkontext einigen wir uns darauf, dass die Tür verschlossen ist. Weglaufen brauchen wir nicht zu trainieren.

Wer weiß, dass mehr als zwei Drittel der Vergewaltigungen geplant und oftmals gründlich vorbereitet sind, wird nicht annehmen, dass eine Flucht immer so einfach möglich ist.

Da ist es gut, mehr Wahlmöglichkeiten zu haben.

(Auf dass wir uns nicht falsch verstehen: Wenn Sie weglaufen KÖNNEN, laufen Sie! So schnell wie möglich! Immer!)

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Übrigens: Auch der Rat, doch einfach Umstehende um Hilfe zu bitten (oder in die dunkle Nacht hinein Hilfe oder – ganz Cleverle – Feuer zu rufen) ist bloß gut gemeint. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen in der Not tatsächlich geholfen wird, ist gering. Ein gut untersuchtes Phänomen: Je mehr Menschen zugegen sind, desto unwahrscheinlicher ist es. Dies nicht zu realisieren ist im besten Fall blauäugig. Glücklich die, die sich selbst zu helfen wissen.

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